Wie verändert Verlust das Elternsein? – mit Katja Lewina
Shownotes
Es gibt Geschichten, die man nicht hören möchte – und trotzdem hören muss. Katja Lewina, Autorin und Mutter von drei Kindern, spricht mit uns über das Schlimmste, was Eltern sich vorstellen können: den Verlust des eigenen Kindes. Sie erzählt, welche Gefühle sie durch diese Zeit getragen haben und wie der Tod ihres Sohnes ihr Muttersein und ihre Partnerschaft verändert hat. Gleichzeitig geht es darum, warum die Sprachlosigkeit anderer das Trauern oft noch schwerer macht, wie Menschen Beileid besser ausdrücken können und welche kleinen und großen Dinge Katja beim Trauern wirklich geholfen haben. Ein kraftvolles Gespräch, das uns ziemlich berührt hat – und das zeigt, dass Trauer nicht nur dunkel sein muss.
Hier findet ihr Katjas Bücher:
- Wir können doch Freunde bleiben: Trennungsgeschichten aus der Hölle
- Was ist schon für immer: Vom Leben mit der Endlichkeit
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Transkript anzeigen
00:00:01: Warum gibt es die Welt?
00:00:03: Papa, ich hab dich lieb.
00:00:05: Mama macht die Arbeit und Papa macht den Quatsch.
00:00:08: Beste Vaterfreuden.
00:00:10: Der langweilige Podcast übers Vatersein.
00:00:13: Ja, ja, ja.
00:00:14: Du hast den Papa.
00:00:15: Jetzt will ich mir auch manchmal Wein singen, dir.
00:00:19: An die Branne und die Schraube.
00:00:21: Setzt
00:00:21: dich bitte hin.
00:00:23: Hallo und herzlich willkommen zu Beste Vaterfreuden.
00:00:25: Ja, heute reden wir über ein sehr ernstes Thema und ich glaube ein Thema, mit dem sich zumindest alle Eltern schon mal Gedanklich und emotional auseinandergesetzt haben, weil da kommt, wenn man dieses Thema sich irgendwie in Gedanken holt, immer eine riesen Angst rein.
00:00:41: Es betrifft irgendwie alle.
00:00:43: Und eigentlich thematisieren wir das sehr selten hier in diesem Podcast, weil immer, wenn man auf die Zahlen guckt, die Zahlen in den Keller gehen, wenn man über Sterblichkeit, über Vergänglichkeit, über den Tod redet.
00:00:56: Aber wir finden es ein wichtiges Thema, weil ... die Vergänglichkeit uns auch den Moment so bewusst macht, den Moment, den es gilt, zu leben.
00:01:05: Und wir haben eine Gästin hier, Katja Levina.
00:01:10: Wir hatten letztens ein Interview gesehen von dir und da haben wir das gesehen, dass du deinen Sohn verloren hattest.
00:01:16: Der verstarb vor vier Jahren, zwanzig, einundzwanzig.
00:01:19: Und ich glaube, das ist so wirklich das Allerschlimmste, wenn ich für mich gucke, für mein Leben, was ... passieren kann.
00:01:27: Was ist wirklich der Stimmste?
00:01:28: Das wäre der Tod meiner Tochter.
00:01:31: Und meine Mutter sagt das auch immer.
00:01:32: Und dir ist das passiert, dein Sohn ist verstorben.
00:01:36: Und wir wollen heute mit dir besprechen, wie ist es für dich heute ein paar Jahre danach.
00:01:41: Begleitet dich das täglich oder wöchentlich.
00:01:45: Wie oft bist du mit diesem Gefühl, der vielleicht Traurigkeit, Ohnmacht, Angst, dass vielleicht deinem anderen Kindern auf was passiert?
00:01:52: Als es passiert ist, da war es wahrscheinlich ein Gefühl von totaler Ohnmacht.
00:01:57: Ja, und du denkst ja auch in so einem Moment, wenn so etwas Furchtbares passiert, dass es nie wieder vorbeigehen wird.
00:02:02: Also du hast das Gefühl, dass es jetzt dein Leben in diesem Abgrund quasi, in dieser Unmacht, in diesem Schrecken, also es ist auch einfach ein furchtbares Schrecken, wenn dein Kind so plötzlich stirbt.
00:02:15: Und heute ist es, ich muss es sagen, wie es ist, einfach Teil meines Lebens geworden.
00:02:19: Also es ist immer da.
00:02:22: Und ich würde auch sagen, ich bin nicht Mutter eines Sohnes gewesen, sondern ich bin auch Mutter eines Sohnes.
00:02:28: Und ich bin Mutter von drei Kindern.
00:02:30: Sagst du das auch so, wenn dich jemand fragt?
00:02:34: kommt auch die Situation an.
00:02:35: Also hier kann ich das natürlich so eindeutig sagen und so sage ich das auch in meinen privaten Umfeld.
00:02:41: Ich weiß aber, dass das in so, weiß ich nicht, Gesprächen jetzt beruflicher Natur oder so manchmal für totale Irritationen sorgt, wenn ich dann nach meinen Kindern gefragt werde und dann erst mal anfangen muss zu erzählen, dass mein Sohn aber gestorben ist, weil ich eben nicht sagen kann, wie alt er heute ist.
00:02:57: Das ist ja so eine unverfängliche Frage.
00:02:59: Hast du Kinder?
00:03:00: Wie alt sind die?
00:03:01: Und dann fange ich schon an zu schliessen.
00:03:04: Also der ist gestorben und ich weiß, für mich ist das kein Problem mehr.
00:03:08: Also ich bin ja jeden Tag mit dieser Situation konfrontiert, dass mein Kind gestorben ist.
00:03:13: Aber die Person, die dann meistens mir gegenüber sitzt, der entgleist dann einfach alles.
00:03:17: Dann ist ganz häufig meine Aufgabe, diese Person aufzufangen.
00:03:22: Und da habe ich wirklich selten Lust drauf.
00:03:25: dann nimmt die Person ja auch die Trauer oder die Traurigkeit ein Stück weit rüber zu sich und die gehört ja eigentlich zu dir.
00:03:32: Und manchmal wird sowas genutzt, das kenne ich von meiner Oma zum Beispiel, dass jemand sich dann mit sich selbst verbindet und mit seinem eigenen eben, was ihm widerfahren ist und dann geht es gar nicht mehr um dich, also die Aufmerksamkeit geht dann so weg.
00:03:45: Und dann kann es dazu führen, dass man vielleicht manchmal sagt, ja ich habe zwei Töchter.
00:03:49: Genau,
00:03:50: genau.
00:03:50: Und das generiert wahrscheinlich auch oft, also ich habe einmal so eine Situation erlebt.
00:03:53: Unsicherheit bei dem, der gefragt hat, also ich hatte eine Situation im Ski-Orlaub, wo ich neben so einer Mutter stand und ihre Kind hat da auch im Ski-Kurs mitgemacht.
00:04:00: und dann hatte ich nur gefragt, ach, ihr wart ja gestern auch in einem Foyer und tue mit deinem Mann.
00:04:04: und dann hatte sie sofort korrigiert, nein, das war nicht mein Mann, mein Mann ist gestorben vor einem Jahr und das war für mich auch, also super tragisch natürlich, aber ich war dann auch sofort unsicher und wusste gleich mal, wie ich regnete.
00:04:14: Fettnäppchen, so fühlt sich das an.
00:04:16: Ich glaube, PD ist wahrscheinlich, will man auch nicht immer... in jedem Moment dann beschreiben und erklären müssen, warum das ist und auch mit der Unsicherheit, die eigentlich den anderen auffangen, wo man vielleicht selber derjenige ist.
00:04:26: Das ist das, was ich mir wünschen würde tatsächlich, dass solche Situationen, und das ist schwer, weil du hast recht, die Sterblichkeit, die sinkt ja immer mehr, aber wenn solche Situationen nicht so etwas Besonderes wären.
00:04:39: Denn was ich ja auch erlebt habe, also das gab's viel und das waren sehr verbindende Momente, wenn Leute erzählen konnten, Weißt du, ich hab als Kind auch meine Schwester verloren oder ich hab fünf Fehlgeburten gehabt oder was auch immer.
00:04:52: Also das ist ja auch etwas, was dann sofort eine Verbindung schafft und sofort eine Tiefe herstellt zwischen zwei Menschen, die sich möglicherweise gar nicht kennen oder eben solche biografischen Aspekte voneinander gar nicht auf dem Schirm hatten.
00:05:04: Das ist wunderbar.
00:05:06: Aber wenn wir solche Aspekte auch offenlegen könnten, ohne dass das zu einer Wahnsinns-Irritation führt, weil es ist einfach so, der Tod gehört zu unserem Leben dazu.
00:05:16: Diese schrecklichen Momente, die werden wir alle irgendwann haben.
00:05:19: Vielleicht werden wir nicht alle unser Kind verlieren, aber wir werden unsere Eltern beerdigen müssen, wir werden unsere Partner verlieren, wir werden selber.
00:05:27: mit jedem Tag, den wir älter werden, steuern wir ja mehr auf den Tod zu.
00:05:31: Insofern, also das ist schon etwas, was ich mir sehr wünsche, dass die Menschen sich mehr damit beschäftigen, dass alles zu Ende geht.
00:05:38: Und irgendwie gibt es demnächst ja auch eine andere Essenz.
00:05:41: Also ich weiß gar nicht, wie das Leben wäre, wenn es keine Endlichkeit gäbe, weil dann wäre ja eigentlich alles auch ein Stück weit egal.
00:05:49: Wir würden
00:05:49: nichts zu Ende machen.
00:05:51: Ich bin mir total sicher, dass wir dieses Wissen brauchen, dass wir irgendwann fertig werden müssen.
00:05:55: Ja, und wird man irgendwann fertig?
00:05:57: Das ist ja auch ein bisschen die Frage.
00:05:58: Ja, das sind so große Themen, wenn nicht das größte Thema.
00:06:02: Wie oft denkst du eigentlich noch an deinen Sohn?
00:06:04: Täglich, ständig, also bestimmt nicht jede Sekunde, aber sehr, sehr viel natürlich.
00:06:09: Viel, viel öfter, viel öfter.
00:06:11: Ist das
00:06:11: dann mit Traurigkeit verbunden oder ist das eher so
00:06:15: schön,
00:06:16: dass er da war und dass ihr die Zeit zusammen hattet?
00:06:19: Das mit Traurigkeit ist tatsächlich so eine Wellenbewegung.
00:06:21: Also es gibt Zeiten, in denen bin ich sehr, sehr anfällig.
00:06:24: Dafür Wahnsinnig enttäuscht darüber zu sein, dass er nicht mehr da ist.
00:06:30: Und die meiste Zeit über ist es aber eher so ein liebesvolles Ach-Mensch-Guck.
00:06:34: Das hätte er jetzt gesagt oder hier liegt schon wieder irgendwas von ihm zu Hause rum.
00:06:39: Und das ist etwas, was mir persönlich sehr viel hilft, dieser Anker bei uns zu Hause.
00:06:44: Also, dass Klamotten von ihm noch irgendwo liegen, dass die Trinkflasche da noch steht.
00:06:49: Fotos sind überall Spielzeuge.
00:06:51: Also, es ist schon so ein bisschen so, als ob noch ... Als ob er noch da wäre, das Quatsch.
00:06:56: Aber er ist quasi in unserem visuellen Feld mit seinen Dingen.
00:06:59: Und das ist total schön, immer wieder da so andocken zu können.
00:07:03: Magst du mal erzählen, was passiert ist?
00:07:05: Er ist sehr plötzlich gestorben.
00:07:07: Er hatte Bauchschmerzen gehabt.
00:07:10: was man sehr gut kennt, wenn man kleine Kinder hat.
00:07:14: So klein war er jetzt nicht mehr, aber er war sieben, noch so halbwegs klein.
00:07:17: Genau, und die hat er schon ein paar Tage lang.
00:07:19: Wir waren dann bei der Kinderärztin und die meinte auch, hier haben sie ein paar Globuli.
00:07:25: Ich weiß, Globuli sind keine Medizin, aber er hatte auch nichts Ernstes offenbar.
00:07:31: Und dann war es aber irgendwann sehr, sehr schlimm.
00:07:34: Wir waren dann mit ihm abends in der Rettungsstelle.
00:07:37: Und dann haben die Bauchultraschall gemacht und gesagt, auch nie ist alles in Ordnung.
00:07:40: Es ist bestimmt Magendarm.
00:07:43: Ja, und am Ende war es aber kein Magendarm, sondern der hat dann in der Nacht noch einen Herbstkreislaufstillstand gehabt.
00:07:52: Ich hab bei ihm geschlafen und war dann dabei, als das passiert ist.
00:07:56: Hast
00:07:56: du das gemerkt?
00:07:58: Ja, ich war dabei.
00:07:59: Also, der hat sich übergeben.
00:08:02: Und dann war er wie bewusstlos.
00:08:05: Ja, dann wurde er noch sehr, sehr lange reanimiert und wurde irgendwie alles versucht, dass irgendwas in ihm den Weg so zurückfindet, aber dass das nicht passiert.
00:08:19: Und das war ... Also, ich mein, ich kann das jetzt irgendwie so nach erzählen, aber ich merke jetzt, so wie dieser Horrormoment auch in mir wirklich körperlich spürbar wird von, ja, du hast gerade noch ein kerngesundes Kind, mit dem nie irgendwas war.
00:08:35: Und auf einmal atmet der nicht mehr.
00:08:39: Und es geht nicht mehr weiter.
00:08:42: So.
00:08:43: Und da gab es wahrscheinlich auch so eine Fassungslosigkeit in dir, dass das eigentlich gar nicht sein kann, oder?
00:08:48: Ja, natürlich.
00:08:49: Ja, na klar.
00:08:50: Also vor allen Dingen, weil es einfach keine... Es gab keine äußeren Gründe dafür, dass so etwas jetzt hier passiert.
00:09:00: Wir wissen alle, es kann ein Autounfall passieren, ein Kind kann von Klettergerüst fallen, ein Kind kann auch krank werden.
00:09:07: Wie viele Kinder kriegen Leukämie zum Beispiel?
00:09:12: Das wären ja alles Dinge gewesen, die noch erklärbar gewesen wären, aber wir hatten einfach ... in dem Moment und auch sehr, sehr lange Zeit später einfach gar keine Erklärung für das, was da passiert.
00:09:26: Und wir wissen ja alle, wissen es macht.
00:09:29: Und in dem Augenblick, wo du kein Wissen hast über eine Situation, fühlst du dich einfach hilflos, du fühlst dich ausgeliefert, du hast keine Ahnung, was will das Leben jetzt eigentlich hier von dir?
00:09:39: Was für eine abgefahrene Scheiße passiert?
00:09:42: Wie war das dann ... Also das ist auch eine Sache, die ich mich ganz oft trage, wenn ich mich in diese Horrorvorstellungsbegebe eins meiner Kinder würde sterben.
00:09:49: Den größten Schreckensmoment habe ich eigentlich, das dann auch dem anderen Kind zu erzählen.
00:09:54: Wie war das, den Geschwistern das zu erzielen?
00:09:56: Die waren dabei.
00:09:57: Also das ist natürlich, ist ja klar, dass dann ein wahnsinniger Trubel entstanden ist.
00:10:03: Ich habe auch geschrieben, die verrückt natürlich, als plötzlich mein Kind in meinen Armen zusammengeklappt ist.
00:10:10: Also wieder standen schon alle drum herum dann am Ende.
00:10:14: Und das ist etwas, das, also es tut mir natürlich um uns hinterblieben, Eltern sehr, sehr leid, dass wir das erlebt haben, weil das wirklich das Schlimmste ist, was passieren kann.
00:10:25: Aber es tut mir noch viel mehr um meine anderen Kinder leid, dass sie das erleben mussten.
00:10:30: Also, dass das auch etwas ist, was in ihrem Rucksack für immer drin sein wird.
00:10:34: Also, dieses sehr, sehr frühe, sehr, sehr einschneidende Erleben von dass einer der Menschen, der mir am allernächsten ist, der kann von einem Moment auf den anderen weg sein.
00:10:45: Und ja nicht nur das, also wirklich dieses Leben kann sofort vorbei sein.
00:10:49: Und das ist etwas, das wir natürlich alle irgendwann lernen müssen.
00:10:53: Aber ich fand das vor viel zu früh für meine Kinder.
00:10:57: Hat sich denn dann in der Zeit danach auch was verändert in deinem Mutter sein?
00:11:02: Weil wenn so was einem so plötzlich eralt, ja eigentlich ohne Vorwarnung, ... dann kann es ja sein, dass man danach ... ... in einem ständigen Gefühl der Ohnmacht lebt ... ... und ... ... so einen wahnsinnigen Kontrollverlust ... ... immer wieder erfährt in sich, weil ... ... er ist ja eigentlich die höchste Stufe ... ... des Kontrollverlustes, ... ... wenn dir dein Kind ... ... aus den Händen gleitet und stirbt.
00:11:25: Und ... ... ihr wart ja nicht im Krankenhaus, ... ... ihr wart ja zu Hause ... ... und du hattest davor schon im Krankenhaus ... ... überprüfen lassen, ob alles okay ist ... ... und das wurde dir ja da bestätigt, ne?
00:11:34: Also, zwei Fragen stecken eigentlich dran.
00:11:36: A ... Wie hat sich dein Mutter sein verändert?
00:11:38: Und B, gab es da auch eine Wut in dir auf Krankenhäuser, auf die Ärzte, die das ja nicht erkannt haben, was letzten Endes zum Tod deines Sohnes geführt hat?
00:11:51: Ich hab als Mutter vorher niemals Angst gehabt, dass meinen Kindern was passieren könnte.
00:11:57: Also ich war eine ganz tiefenentspannte Mutter, die sie immer hat alles machen lassen, was die machen wollten.
00:12:03: ohne Fahrradhelm, Fahrradfahren, überall hin klettern, überall alleine hingehen.
00:12:08: Ich hab echt immer so gedacht, nee, weißt du, das Schicksal wird das schon machen.
00:12:14: Wir sind irgendwie, obwohl ich nie spirituell war, aber ich hatte immer das Gefühl, wir sind irgendwie so behütet.
00:12:20: Und das liegt, glaub ich, auch daran, dass ich selber immer meinen Kopf aus jeder Schlinge gekriegt hab.
00:12:25: Also ich hab sehr viele sehr riskante Sachen gemacht in meinem Leben und mir ist halt niemals irgendwas passiert.
00:12:32: Deswegen hatte ich auch das Gefühl, meinen Kindern gegenüber.
00:12:36: Nun ist ja auch nicht so etwas passiert, wie jemand ist hier ohne Fahrradhelm Fahrrad gefahren und ist verunblickt, sondern es ist zu Hause passiert quasi voll aus dem Nichts.
00:12:45: Und das war ein, du hast völlig recht, unglaublich verunsichernendes Element.
00:12:51: Gleichzeitig, mit etwas Abstand, merke ich auch, wie viel Sicherheit es mir gibt zu merken.
00:12:58: Es gibt oder gemerkt zu haben, gelernt zu haben, es gibt Dinge, die entziehen sich meiner Kontrolle einfach komplett.
00:13:06: Ich bin bei meinem Kind, ich bin im selben Raum, ich halte es im Arm und trotzdem kann es sterben.
00:13:13: Das heißt, du kannst in manchen Situationen einfach im Leben überhaupt nichts ausrichten.
00:13:19: Du kannst so viele Lebensversicherungen abschließen und Haftpflichtversicherungen und du kannst aufpassen, dass keine Messer herumliegen oder so.
00:13:27: Es gibt trotzdem immer wieder Situation in deinem Leben, da kannst du einfach nichts ausrichten.
00:13:32: Und das ist etwas, das mich auf eine Weise auch total beruhigt.
00:13:35: So.
00:13:36: Trotzdem bin ich natürlich die ersten Wochen zu meinen anderen Kindern ins Zimmer gegangen und hab geguckt, ob die noch atmen.
00:13:45: Ich hab die nicht alleine rausgehen lassen können.
00:13:48: Ich hab mich wie so eine Gluckemutter auf die geschmissen.
00:13:51: Und das ist jetzt auch nach wie vor so.
00:13:54: Dass wenn sich von denen nicht rechtzeitig zurückmeldet oder so, ich dann schnell in so eine Panik-Situation komme von, okay, okay, die ist jetzt irgendwie zerstöckelt, vergewaltigt in irgendeinem Busch.
00:14:04: Und dann muss ich mich runterfahren.
00:14:06: und mir wirklich gut zureden, wie so ein gutes Elternteil.
00:14:09: Nee, alles klar, alles gut.
00:14:11: Der Krankenwagen, der jetzt hier in die Richtung von unserer Wohnung fährt, garantiert nicht zu uns.
00:14:18: Ich hab schon so Schreckmomente immer wieder, aber ich bin, glaube ich, da ganz gut, dass ich die identifizieren kann.
00:14:24: Wie habt ihr dann als Familie die Tage danach den Alltag gestaltet, gerade mit den anderen Kindern, dass der trotzdem irgendwie alles muss weitergehen nach einer gewissen Zeit?
00:14:36: Da bin ich auch sehr froh, dass irgendwas weitergehen musste.
00:14:39: Also wenn ich mir vorstelle, ich hätte keine anderen Kinder gehabt, um die ich mich kümmern muss, die irgendwas brauchen, die getröstet werden wollen, die ganz simpel einen Butterboot morgens zum Frühstück benötigen, dann wäre ich, glaube ich, ganz schön abgeschmiert.
00:14:56: Also das hätte noch sehr, sehr viel mehr.
00:14:59: Energie und Aufwand gekostet, da nicht total verrückt zu werden.
00:15:03: Aber das erzählen ja auch Leute immer wieder, die irgendwelche schwierigen, vor allem psychischen Erkrankungen haben.
00:15:10: oder hatten, dass ihr Hund sie gerettet hat, zum Beispiel.
00:15:13: Und die einfach morgens mit dem raus mussten und so weiter.
00:15:15: Und bei mir waren es halt meine Kinder.
00:15:17: Wir hatten von kurz über gesprochen.
00:15:19: Mir ist es ja mit einer Mutter widerfahren.
00:15:21: Gab es denn Reaktionen danach?
00:15:22: Die wurde gesagt, die haben mir extrem geholfen aus dem Umfeld oder und auch umgekehrt.
00:15:26: Gab es welche?
00:15:27: Da hätte ich mir eigentlich was ganz anderes gewünscht.
00:15:31: Ja, es gab ganz tolle, tolle Situationen.
00:15:33: Also vor allen Dingen.
00:15:34: haben sich Freundschaften intensiviert, die früher irgendwie auf so einer Oberfläche sich befunden haben.
00:15:41: Gleichzeitig sind Menschen ganz weit weggerückt, von denen ich eigentlich gedacht hätte, die sind mir super nah und die sind mir ganz wichtig und die werden mich immer tragen, haben sie nicht.
00:15:50: Was wirklich viel geholfen hat, war, wenn Leute sich ... gezeigt haben.
00:15:56: Also, wenn sie eben nicht weggeguckt haben, wenn sie nicht gesagt haben, oh, ich weiß jetzt gar nicht, was ich sagen soll und so.
00:16:02: Und ich weiß, ihr wisst alle nicht, was ihr sagen soll.
00:16:05: Kann man sich sparen, diesen Satz, weil es halt wieder dann irgendwie die Energie zu der Person bringt, die jetzt eigentlich hier Beileid aussprechen möchte.
00:16:13: Auch komisches Wort.
00:16:15: Weil
00:16:16: ... Leute haben Essen vorbeigebracht, Leute haben Geschenke vorbeigebracht, Bücher, Blumen und so weiter.
00:16:22: Also ich glaube, alles, was halt irgendwie Arbeit abnimmt, alles, was so eine Wertschätzung ausdrückt und wenn es nur ein paar liebe Worte auf einer Karte sind, das ist wirklich alles toll.
00:16:32: Und alles, was eben die Energie aber wegzieht von den Trauern, das ist dann doof.
00:16:37: Und einfach hinzugehen und zu sagen, du, ich weiß nicht, was ich sagen soll, aber ich verbringe sehr gerne Zeit mit dir.
00:16:43: Wenn wir einen Spaziergang machen können, wenn ich dir irgendwas abnehmen kann, das wäre ein Weg, der wäre für dich gut gewesen.
00:16:51: Und vor allen Dingen konkrete Sachen abnehmen.
00:16:53: Also so dieses Meld dich, wenn du was brauchst, funktioniert überhaupt nicht.
00:16:57: Man meldet sich nirgendwo.
00:16:59: Aber man braucht diese Menschen, die immer wieder da sind und sagen, hey, soll ich für euch einkaufen gehen?
00:17:03: Soll ich für euch irgendwie, weiß ich nicht, die Blumen für die Beerdigung arrangieren?
00:17:07: Soll ich euch die Kinder mal abnehmen?
00:17:10: Soll ich ihr sagen?
00:17:10: Also
00:17:10: sprich, je konkreter das so besser.
00:17:12: Okay, weil ich hab's ja auch schon öfter gehört, sagt Bescheid, wenn du mich brauchst.
00:17:16: Das passiert ja meistens nicht, sondern du lass uns dann und dann einen Termin machen und jetzt gleich gemeinsam reingucken in den Terminkalendern.
00:17:24: Und dann kann ich da das und das, also was ganz Konkretes für dich tun.
00:17:28: Und auch vor allen Dingen, sich selbst immer wieder melden, ohne zu erwarten, dass irgendwie eine Reaktion kommt.
00:17:35: Also diese Menschen, die einfach jeden Tag eingecheckt haben und geschrieben haben, hey, ich bin da, na, tada.
00:17:41: melde dich oder was auch immer.
00:17:43: Ich denke an dich, das reicht dir schon.
00:17:45: Es ist super interessant, was du sagst.
00:17:46: Ich glaube, viele und auch ich, den ersten Impuls hat, die will bestimmt erst mal Ruhe haben, die will mit der Trauer klack, klack haben.
00:17:52: Und natürlich ist auch jeder Person anders.
00:17:54: Bisschen auch Menschen geben, die sagen, ja, das war so.
00:17:56: Aber ich hatte immer das Gefühl, wahrscheinlich ist es eher so, wenn mir das widerfährt, dass ich möchte, dass Leute auf mich zukommen und eher mit mir aktiv sind und nicht in so eine Passivität verfallen.
00:18:05: Hey, lass mich in Ruhe.
00:18:06: Und wir hatten bei uns in der Familie auch ein Todesfall, nicht in meiner Direkt, sondern in der meiner Frau.
00:18:11: Und ich hab das immer ... Ich habe mich am Anfang gefragt, meine Schwiegermutter war super präsent sofort bei ihrem Sohn, dem das widerfahren, dass die Frau von ihm ist gestorben.
00:18:19: Und ich war am Anfang erst so irritiert, dachte, ich will ja nicht vielleicht erstmal Ruhe haben und so.
00:18:22: Und ich glaube, es war genau das Gegenteil.
00:18:24: und das, was du gerade sagst, bestätigt ist auch nochmal.
00:18:25: Die war jeden Tag da, die war immer präsent, die hat auch ganz locker in Anführungszeichen darüber geredet.
00:18:31: Also die hat jetzt nicht Ängste gehabt, sondern hat da ganz rational auch drüber gesprochen, natürlich auch emotional.
00:18:37: Und ich glaube, im Nachhinein war das wahrscheinlich das... was ihm wiederfahren konnte, dass jemand so präsent im Leben war.
00:18:41: Ja, absolut.
00:18:42: Und vielleicht, wenn man in dem Moment dann irgendwie doch nicht so viel näher haben möchte, kriegt man das auch hin, das zu kommunizieren.
00:18:50: Ja, auch noch mal ein wichtiger Hinweis, weil viele gehen ja beim Thema Tod auf Abstand und dann eher zu sagen, man rückt zusammen und dann auch da konkret zu werden und aktiv zu werden und wirklich ins Handeln zu kommen.
00:19:06: Weil das kann einem ja schon eine andere Seite der Medaille zeigen, dass es auf der einen Seite auseinander geht, aber auf der anderen Seite zusammen geht.
00:19:15: Und ich habe letztens noch mal meinen Tagebuch von damals gelesen und das gab da diesen Einsatz, der mir so in Erinnerung geblieben ist.
00:19:24: Ich habe geschrieben, es ist absolut schrecklich sinngemäß, es ist einfach nur schrecklich, was gerade passiert, aber da ist so viel Liebe.
00:19:32: Und das ist etwas, das ich... sehr gespürt habe und das mich sehr getragen hat, dieses Wissen, dass um mich herum Menschen sind, die mich lieben, die uns lieben und die für uns auch in dieser schrecklichen Situation da sind.
00:19:46: Und ich glaube, das ist auch dieses ganze Geheimnis von so etwas überstehen.
00:19:51: Das sind am Ende die Menschen.
00:19:54: Wie war das denn in der Situation, als es passiert ist und auch vor allem, wie hat das deine Partnerschaft beeinflusst?
00:20:01: Wir sind nicht mehr zusammen.
00:20:02: Also wir haben uns ein Jahr später getrennt.
00:20:05: Und natürlich werde ich auch immer wieder gefragt, ob das jetzt irgendwie in Zusammenhang miteinander steht.
00:20:10: Und viele Leute stellen auch gerne einen Zusammenhang her.
00:20:13: Im Sinne von, ja, wenn du halt so etwas gemeinsam erleben musst, dann klar geht das auseinander.
00:20:19: War bei uns aber überhaupt nicht so.
00:20:20: Also wir waren uns da, glaube ich, wirklich die beste Stütze gegenseitig.
00:20:25: Also sind wir auch nach wie vor.
00:20:26: Wir sind super gut befreundet.
00:20:27: Wir haben auch eine Eltern-WG.
00:20:30: Also uns geht es gut miteinander.
00:20:32: Aber was dieser Tod gemacht hat und was vor allen Dingen auch die darauf folgende Zeit gemacht hat, in der ich dann nämlich auch die Diagnose bekommen habe, dass ich eine Herzerkrankung habe, die ja schon relativ weit fortgeschritten war, die eben auch jederzeit zum plötzlichen Herztod führen kann.
00:20:51: Genau, das hat natürlich mein eigenes Gefühl von Sterblichkeit und von, wie will ich denn jetzt eigentlich mein Leben noch verbringen?
00:20:58: Sehr, sehr verändert, was dazu geführt hat, dass ich gemerkt hab, so, okay, wir haben schon echt eine tolle Freundschaft und wir haben eine tolle Basis, wir zwei, aber was das Thema Beziehung angeht, da will ich echt noch mal was anderes erleben, hab ich gedacht.
00:21:13: Wie hatte das aufgenommen?
00:21:14: Es war scheiße.
00:21:16: Es war einfach ein total beschissener Zeitpunkt.
00:21:19: Wir haben ja als Familie schon eine ganze Menge durchgemacht.
00:21:22: Wir haben unseren Sohn verloren, wir haben hoffen und bangen müssen.
00:21:27: genetische Herzerkrankungen.
00:21:29: Also, wir haben diese ganze Amplitude, oder so ist es auch gar nicht, Amplitude ist das falsche Wort.
00:21:35: Wir haben so einen Domino-Effekt gehabt.
00:21:38: Okay, und diese Person ist noch betroffen, die Person ist noch betroffen.
00:21:42: Wer muss sich jetzt noch alles testen lassen?
00:21:44: Wer wird als Nächstes sterben?
00:21:45: Also, wir haben echt eine unglaubliche Zitapati erlebt miteinander.
00:21:51: Ich war ständig im Krankenhaus, ich war plötzlich lebensbedroht.
00:21:55: Also, das war keine leichte Zeit.
00:21:56: Und am Ende dieser Zeit kam auch noch raus.
00:22:00: Und übrigens, ich möchte jetzt gerne noch mal ganz anders loslegen.
00:22:04: Das war kein guter Zeitpunkt.
00:22:06: Und wie geht's ihm heute jetzt?
00:22:07: Total gut.
00:22:09: Also, jetzt sind ja auch vier Jahre vergangen.
00:22:11: Und wir sind, also uns geht's super miteinander.
00:22:15: Uns geht's super auch als Einzelpersonen.
00:22:17: Aber das braucht ja auch die Zeit, echt, um so zu heilen.
00:22:20: Ja.
00:22:22: Und ihr lebt in einer ElternwG.
00:22:24: Was heißt das eigentlich?
00:22:25: Du lebst zusammen mit
00:22:27: ihm.
00:22:28: Also wir hatten jetzt über die letzten drei, vier Jahre das Nestmodell gehabt.
00:22:33: Also das heißt, wir hatten eine Kinderwohnung, in der wir uns dann jede Woche abgewechselt haben.
00:22:38: Ich war bei meinem Partner, bei meinem neuen.
00:22:41: Er war in seiner eigenen Wohnung.
00:22:42: dann, wenn ich gerade da war.
00:22:44: Und jetzt gibt es aber diesen Partner nicht mehr.
00:22:47: Wir haben uns getrennt und haben natürlich so schnell keine Wohnung gefunden und dachte erst mal, das ist so eine Übergangslösung.
00:22:54: Aber wir haben jetzt auch gemerkt, eigentlich geht es uns total gut miteinander.
00:22:58: Wir haben ja noch die andere Ausweichwohnung, wenn es mal irgendwie eng wird.
00:23:02: Und warum soll ich jetzt da weggehen?
00:23:05: Eigentlich ein Traumschloss.
00:23:06: Also lebst du mit deinem Ex-Partner zusammen in dem Nest?
00:23:09: Und
00:23:10: dann
00:23:10: laft ihr auch in einem Nest?
00:23:12: Nein, wir haben zum Glück genug Zimmer.
00:23:14: Und hat er eine neue Partnerin?
00:23:16: Nee.
00:23:16: Ah, das wäre schwierig, ne?
00:23:19: Ich frag mich auch immer wieder tatsächlich, ob das für neue PartnerInnen irgendwie schwierig werden könnte.
00:23:24: Weil wir uns auch so gut verstehen, ne?
00:23:26: Also wir haben auch einfach nicht das Bedürfnis, einander irgendwie rauszukatten aus unserem Leben.
00:23:30: Aber ist auch manchmal so ein Gedanke... Da könnte er auch eigentlich wieder mehr laufen.
00:23:35: Überhaupt nicht.
00:23:36: Also bei keinem von uns.
00:23:37: Sagt er.
00:23:39: Sagt ich.
00:23:39: Okay, aber er auch.
00:23:41: Redet ihr manchmal drüber?
00:23:42: Auf jeden Fall.
00:23:42: Auch in so einer Weinlaune?
00:23:44: Ach komm mal her, war doch früher alles so genügend.
00:23:48: Mir überhaupt nicht.
00:23:49: Wir trinken kein Wein zusammen, wir machen manchmal anzügliche Witze.
00:23:53: Und ich glaube, die Kinder fänden das auch sehr lustig, aber die sind inzwischen auch so daran gewöhnt, dass wir kein Paar mehr sind.
00:23:59: Und die brauchen auch keine Sehnsucht danach haben, weil die wissen ja, wenn Geburtstag ist oder wenn Abendessen ist, dreimal die Woche sitzen wäre da auch zusammen.
00:24:07: Ja, als so eine Standardfamilie.
00:24:09: Wahrscheinlich, ja.
00:24:10: Du
00:24:10: klingst super zuversichtlich und positiv und als ... Meine größte Angst war immer, wann verfällt in so ein krasses Loch und kommt dann nicht mehr raus.
00:24:18: Und wahrscheinlich würde das auch so gegangen sein für einen gewissen Zeitraum.
00:24:20: Aber was hatte ich so gestärkt und ich so einen positiven Spirit verfallen lassen.
00:24:24: Und trotzdem nicht zu vergessen, dass es ein Teil von deinem Leben ist, dass es passiert ist.
00:24:29: Ich glaube, ich habe ein bisschen Glück damit, dass ich schon vorher ganz schön viel in meinem Leben erlebt habe.
00:24:34: Und wie so eine Art Resilienz aufbauen konnte.
00:24:37: Also, dass ich wusste, es kann wirklich, wirklich die Kacke am Dampfen sein.
00:24:42: Aber solange ich hier noch stehe, mache ich irgendwie weiter.
00:24:46: Also, das ist echt etwas, was ich gelernt habe, mich da selber aus dem Sumpf zu ziehen.
00:24:52: Und letzten Endes ... Bin das aber natürlich nicht nur ich selber.
00:24:55: Das waren, wie gesagt, meine Freundinnen, meine Freunde, meine Familie.
00:24:58: Das war ganz klar mein Ex-Mann.
00:25:01: Meine Kinder, also ich glaube, ich hab auch mir ein gutes Umfeld erschaffen, in dem so etwas passieren konnte, ohne dass ich daran zugrunde gehe.
00:25:11: Also das ist meiner, so ich sagen, mein kleiner Teil der Einflussnahme auf mein Leben gewesen, dass ich mich mit guten Menschen umgeben hab schon lange.
00:25:19: Du meintest, du warst vorher spirituell.
00:25:21: Nee,
00:25:21: ich war vorher nicht spirituell.
00:25:22: Ich war nicht spirituell.
00:25:23: Ich hab aber irgendwie gedacht, mir passiert schon nix.
00:25:26: Das ist so ein allgegenwärtiger Glaube ans Guter.
00:25:30: Ja, irgendwie schon.
00:25:32: Und witzigerweise hab ich den auch immer noch, obwohl ich weiß, es können wirklich die furchtbarsten Dinge passieren.
00:25:38: Also, mein Kind kann sterben, was kann noch Schlimmeres kommen?
00:25:41: Ich weiß, ich überstehe auch das.
00:25:43: Also, es ist eher ein Glaube an dich und an deine Resilienz als ein Glaube an das Leben.
00:25:48: Was ist denn Glaube ans Leben?
00:25:50: Also, dass alles schon irgendwie gut geht.
00:25:53: Nee,
00:25:53: es geht nicht unbedingt alles gut.
00:25:54: Guck mal, mein Kind ist gestorben, ist da irgendwas gut gegangen, überhaupt nicht.
00:25:58: Den Umgang, den ihr gefunden habt, der würde ich sagen, der ist gut, aber die Sache als solches ist auf gar keinen Fall gut ausgegangen.
00:26:07: Aber dann ist es ja eigentlich so ein Glaube an die Familie, dass ihr das als Familie, was euch widerfährt, verarbeiten können, dass ihr einen Umgang damit finden könnt, auch wenn jemand verstürbt.
00:26:21: Ja, und in beide Richtungen ja auch, ne?
00:26:23: Das ist das, was ich gelernt habe.
00:26:24: Also, die, ich glaube, diese Amplitude, als sie irgendwie erweitert.
00:26:27: Bist du spirituell?
00:26:28: Nee, ihr so?
00:26:31: Also, ich bin mal immer wieder mal im Ziespalt und denk so, ach vielleicht, aber im Großen und Ganzen glaube ich auch eher so an das Gute jedem, also, und es wird sich schon irgendwie fügen.
00:26:42: Wie ist es im Alltag jetzt im Nachhinein?
00:26:44: In welcher Form spielt dein Sohn noch eine Rolle?
00:26:47: Oder gibt es eine Art von Form der Erinnerung oder Rituale, die ihr eingeführt habt?
00:26:52: Also ich weiß bei meinem Schwager, die haben so eine Art, ich will nicht sagen Schreien, aber so eine Erinnerung im Moment, wo so ein Tisch, da sind ein paar Bilder drauf, ein paar Erinnerungsstücken, wo auch... immer die Person weiterhin in dem Leben stattfindet.
00:27:04: Ja, wir haben auch so einen Schrein.
00:27:05: Aber wie gesagt, wir haben auch viele Dinge einfach in der Wohnung verspreut, die da immer noch sind, einfach, weil sie da schon immer waren.
00:27:13: Jacke an der Garderobe, Schuhe irgendwie da im Schuhschrank und so.
00:27:17: Das ist ganz schön.
00:27:18: Und wir haben auf jeden Fall unser monatliches Essen.
00:27:22: Wir haben nämlich das Essen, das unser Sohn an seinem letzten Abend, also dem Abend, bevor er gestorben ist, zu bereitet hat, nämlich Knusperhühnchen.
00:27:31: Was ist Knusperhühnchen?
00:27:32: Knusperhühnchen
00:27:33: ist ein Hähnchen, Brustfilet, Stückchen, die in Konflikts gewendet werden.
00:27:38: Das ist ein klassisches Kinderessen.
00:27:40: Lieben sie alle sehr genau und wir essen eigentlich gar kein Fleisch mehr in der Zwischenzeit.
00:27:45: Aber Knusperhühnchen einmal im Monat am achtzenden ist auf jeden Fall gesetzt.
00:27:50: Wird das Feuer ein Ei gemacht?
00:27:52: Ja, also du machst das erst mal in Mehl, das gibt dann so eine Reihenfolge, Mehl, Ei und dann kommt die Konfliktspanade.
00:27:59: Also wenn ihr kleine Kinder habt, ist das eine tolle Sache.
00:28:00: Ich kenne die Kusser, die sind bei uns auch bestimmt monatlich auf dem Tisch.
00:28:04: Ich habe ein Kumpel, da ist der Papa verstorben und ich glaube, ich habe das erste Mal gemerkt, was das bedeutet, wenn man mit sowas lebt.
00:28:12: Der geht ein paar Mal am Tag in den inneren Dialog und ist so in Gedanken bei seinem Vater und erzählt ihm auch im inneren Dialog von seinem Tag, wie es ihm gerade so geht, was so gerade passiert in seinem Leben.
00:28:25: Und manche würden sagen, hey, der lebt doch nicht mehr, brauchst nicht machen.
00:28:28: Aber es ist was, was ihm wirklich Kraft gibt.
00:28:32: Hast du manchmal so gemeinsame Momente, die du noch in Gedanken oder im Gefühl durchlebst mit deinem Sohn, so aus der Vergangenheit?
00:28:40: Ja, was helft?
00:28:41: Hat recht, ne?
00:28:42: Also, ich glaub, dein Papa ist das noch einfacher, dieses den Tag erzählen, weil er ja auch wie so eine Ansprechperson dann wahrscheinlich war.
00:28:51: Das würde ich jetzt bei meinem Sohn nicht unbedingt machen, aber was ich tatsächlich manchmal habe, ist, wenn ich am Grab bin, wo ich auch als Einzige der Familie hingehe, interessiert sonst bei uns niemanden, was mit diesem Grab ist.
00:29:02: Genau, also da hab ich diese meditativen Momente von ... Natürlich einerseits trauer und weinen und vermissen und es schrecklich finden.
00:29:12: Und andererseits mischt sich aber auch ganz oft noch etwas anderes mit rein.
00:29:17: Also so was wie Kacke wie mein Leben gerade läuft, irgendwie das funktioniert nicht, hierüber bin ich traurig und so weiter.
00:29:25: Gibt es so ein Konklomerat von Enttäuschungen und Wut und Trauer?
00:29:29: Und das sind dann Momente, wo ich manchmal so denke, was hätte Edgar dann jetzt irgendwie dazu gesagt oder gemacht?
00:29:36: Obwohl natürlich, was kann mir ein Siebenjähriger sagen?
00:29:38: Klar.
00:29:39: Aber der war halt ein sehr spezieller, sehr willensstarker, sehr ... Ja, der hat sich halt irgendwie nicht so in die Suppe spucken lassen.
00:29:46: So ein Mensch war das.
00:29:47: Und dann denke ich manchmal, der hätte sich jetzt auch nicht so behandeln lassen.
00:29:51: Und dann gehe ich da so runter vom Friedhof.
00:29:53: Und denke so, okay, jetzt pfeif ich denen, aber den Marsch.
00:29:57: Als du ein Sohn gestorben bist, hast du ja beschrieben, dass du ein gutes Umfeld hattest und alle Leute auf dich zugekommen sind.
00:30:02: Und du bist jetzt die Erwachsene in dem Umfeld.
00:30:04: Aber wie war das für deine Kinder?
00:30:06: Hattest du da auch irgendwelche Vorkehrungen getroffen, dass sie in der Schule damit gut konfrontiert werden oder dass Freunde da auch abgeholt werden?
00:30:12: Also ich stelle mir das so vor, dass man ja wahrscheinlich diesen Prozess auch begleiten will.
00:30:16: als Mutter, wie die Kinder damit konfrontiert werden.
00:30:20: Habe ich mir null Gedanken drüber gemacht, ehrlich gesagt.
00:30:23: weil wir einfach so konfrontiert damit waren.
00:30:26: Also die standen einfach da und sahen ihren leblosen Bruder auf dem Boden liegen.
00:30:32: Die waren damit also so stark konfrontiert, dass es gab keinen, jetzt kann denen noch irgendwer zu nah treten oder so etwas oder hier kann irgendwas zu viel werden.
00:30:41: Ich glaube im Gegensatz, ich war manchmal in meiner eigenen Wahnsinn, dass es gerade passiert, was ist hier passiert?
00:30:48: Überforderungen viel zu... doll, was die anderen Kinder anging.
00:30:53: Also, ich hab da überhaupt nicht drüber nachgedacht.
00:30:56: Wie geht's denn jetzt zum Beispiel deren Freundinnen und Freunden?
00:30:59: Wie müssen wir das irgendwie einleiten, sollten wir vorher irgendwie ein Gespräch mit den Eltern führen oder so?
00:31:05: Die haben halt dann irgendwie gleich am Tag drauf sich verabredet und dann erzählt so, ja, und übrigens, letzte Nacht ist dann halt plötzlich Edgar gestorben, so ungefähr.
00:31:16: Und Kinder, also damals waren die ja auch noch ... recht klein, sind da auch einfach anders?
00:31:20: Die sind dann so, ja krass, ist jetzt passiert, ne?
00:31:24: So werden wir Erwachsene dann da sitzen und um zu überlegen, wie formuliere ich das jetzt?
00:31:29: So wie ich gerade, dass man sich eher versuchen, wie kriege ich da meine Kinder?
00:31:32: Aber ich glaube,
00:31:33: das ist auch der emotionale Umgang von Kindern und eben von Erwachsenen, der unterscheidet sich.
00:31:37: Die Erwachsene tendieren ja dazu, die Emotionen irgendwie zu rahmen und zu gucken.
00:31:42: Die können wir bestimmte Sachen abfangen, damit sie nicht ganz so auf uns einklatschen.
00:31:47: Kinder sind einfach so, ich nehme die Realität so wie sie ist und reagiere relativ frei mit meinen Emotionen darauf.
00:31:55: Das ist auch so eine Frage für mich.
00:31:57: Manche denken jetzt, sie versinken in ihrer Traurigkeit, wenn sie diese Gefühle zulassen, die aufkommen, die da sind.
00:32:04: Ist das auch deine Erfahrung?
00:32:07: Oder ist es eher was, was abfließt und dann in Wellen wieder kommt und dann wieder abfließen kann und darf?
00:32:14: dass er die ganz große Angst, egal ob es um Trauer geht oder andere schlimme Gefühle, Liebeskummer oder so was, dass wir so Angst haben, da reinzugehen, weil es so übermächtig wirkt.
00:32:25: Aber ich glaube, die Erfahrungen haben alle schon mal gemacht, die irgendwie sich von etwas verabschieden mussten, dass je mehr du reingehst und je mehr du dem Raum gibst, desto weniger Macht hat das über dich.
00:32:38: Und dann erlebst du das und dann gehst du da durch und vielleicht dauert das ... drei Stunden oder fünf oder auch mal fünf Wochen.
00:32:46: Aber das ist ja niemals in der gleichen Intensität.
00:32:50: Ich glaube, wenn du so richtig intensiv und trauer reingehst und dich ausweinst, bist du ja auch fürs Erste nach einer Stunde fertig.
00:32:58: Und dann kannst du erst mal wieder rausgehen und eine Dusche nehmen oder was auch immer und dich kurz wie ein Mensch fühlen und dann kommt es vielleicht wieder.
00:33:06: Aber es wird ja immer weniger.
00:33:08: Schwierig wird es, wenn du das so wegschiebst und dir das darüber nachdenken, dass darüber reden, verbietest.
00:33:15: Also das hab ich auch erlebt, schon häufiger auch in meiner Familie, dieses, oh, nicht über den Verstorbenen reden.
00:33:21: Oh, bloß nicht die Sachen da anfassen.
00:33:23: Und dann ist, fünfzig Jahre später steht da schreibt es immer noch irgendwie am selben Ort und da liegt noch der Kugelschreiber und das darf man nicht berühren.
00:33:32: Das ist halt dann ... Da ich das Gefühl irgendwie sind die Leute nicht so an sich dran geblieben.
00:33:37: Und das Thema darf man nicht berühren.
00:33:39: Es darf einen auch nicht in einem selber berühren.
00:33:42: Wahrscheinlich, ne?
00:33:42: Also viele Menschen hatten auch Angst, nicht anzusprechen darauf.
00:33:45: Das glaube ich so.
00:33:46: Wir ja auch.
00:33:47: Im Sinne von, oh, ich will ja jetzt nichts irgendwie berühren, nichts hochholen.
00:33:53: Danke, dass ihr mich darauf angesprochen
00:33:55: habt.
00:33:55: Ja, also wenn man mal so auf das Leben der Menschen guckt, wir waren mehrere Milliarden Jahre tot und wir werden irgendwann wieder mehrere Milliarden Jahre tot sein.
00:34:04: Und worum es auch vielleicht geht, also das ist so der Sinn des Lebens für mich.
00:34:09: Es geht um Begegnung, es geht um Miteinander, es geht um Beziehung, also nicht nur physische Natur, sondern auch geistig und emotional.
00:34:18: Und deswegen ist es auch uns ganz wichtig, solchen Themen sich zu berühren.
00:34:21: Und ich glaube über dieses Thema, Also Endlichkeit, Tod, Trauer, berühren wir uns ja noch viel, viel mehr als über jedes andere Thema.
00:34:30: Wir hatten ja schon das Gespräch über Sexualität und ich glaube, wir haben uns jetzt sehr viel mehr berührt, als wir es vorher gemacht haben.
00:34:37: Ja, emotional.
00:34:39: Und du hast ein ganzes Buch darüber geschrieben Katja.
00:34:41: Was ist schon für immer vom Leben mit der Endlichkeit?
00:34:45: Das kam zwanzig, vierundzwanzig raus und da reflektierst du in elf Essays über deine Erfahrung mit dem plötzlichen Tod deines Sohnes Edgar, damals sieben Jahre.
00:34:54: Und deine eigenen Lebensbedrohlichen Herzkrankheit.
00:34:57: Genau, das ist noch sehr zu empfehlen.
00:34:59: Katja, vielen, vielen Dank, dass du da warst und so offen darüber geredet hast.
00:35:03: Und es hat mir zumindest eine weitere Perspektive auf die Endlichkeit gegeben.
00:35:08: Und das finde ich sehr, sehr wichtig.
00:35:09: Also danke.
00:35:10: Und vielleicht noch ganz zum Schluss der Hinweis auf dein ganz neues Buch.
00:35:15: Wir können doch Freunde bleiben.
00:35:17: Auch sehr zu empfehlen.
00:35:18: Katja, Devina, vielen Dank.
00:35:20: Danke euch beiden.
00:35:22: Das war Beste Vaterfreuden.
00:35:24: Eine Produktion von Auf die Ohren.
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